Freitag, 5. August 2011

Jeder Schuss ein Russ'

So, bevor die ganzen Flitzpiepen heut Abend wieder den Stillstand im KORD-Blog bemängeln, nur um von ihrem eigenen geistigen, körperlichen, gesellschaftlichen und finanziellen Stillstand abzulenken, hau auch ich hier mal ein paar Zeilen ins www. Passiert ist ja genug in der Sommerpause, allein der Leder-Bezug fehlte (leider).

Über die diversen Auswüchse exstatischer Freude und unkontrolliertem Alkoholkonsums nach der Meisterfeier im Mai brauche (und kann) ich wohl nicht mehr schwadronieren. Erlebtes dieser Dimension lässt sich ohnehin nicht vernünftig in Worte fassen, aber am treffendsten beschreibt der Begriff „…boah…“ wohl die Thematik. Sollte der BVB, und das ist gewiss nicht mein Anspruch an die Truppe, es tatsächlich schaffen den Titel zu verteidigen, so wird es feiertechnisch nicht an das Geschehene herankommen. So wie Hangover 2 ja auch ein akkurater Film, aber halt ein „Abklatsch“ des Vorherigen ist. Aber ich lasse mich da gern eines Besseren belehren…


„Die Russen kommen“ plärrt der Volksmund gelegentlich, aber in meinen 30 Jahren in der FRG kam er irgendwie noch nie. Und daher nutzte eine elitäre BetriebsKORDgemeinschaft die Sommerpause um dem berüchtigten Russen mal zu fragen wo er denn bleibt. Da dieses Unterfangen so spektakulär und selbstgeißlerisch wie möglich ausfallen sollte, entschied man sich gegen die Tupolev und für die TöffTöff. Von Dortmund ging es per ICE für Brunni und mich über Hannover, wo wir Dorian und Bakan einsammelten, die am Vorabend noch eine Hochzeit trocken gelegt hatten, und sich daher auch in bestechender Form befanden, nach Berlin. Dort bestiegen wir unseren ersten Zug aus alten Sowjet-Beständen, der uns in sportlichen 20 Stunden nach Minsk bringen sollte, und dies, ich nehme es vorweg, auch tat. Highlight der ersten Etappe war sicherlich, neben dem Zusammentreffen mit Tatanka in Frankfurt a. d. Oder (er sprach… ja, weiß ich auch nicht, aber abgesehen von „Berlin, Nazis…“ und seinem Hitlergruß verstanden wir ihn nicht), der Grenzübergang in Brest, den wir mitten in der Nacht passierten. Als bewaffnete Beamte das Abteil stürmten, befanden wir uns grad beim heiligen St. Pennematz, der uns ob des vorherigen Würfel-Duells noch fest in seinen Klauen hielt. Unsere Pässe wurden eingesammelt, und Stunden später in einem bizzaren Prozedere zurückgegeben (ein Beamter schreit deinen Namen, Du meldest dich, er vergleicht Bild im Pass mit deinem verschlafenen Gesicht, er nickt und du erhälst Deinen Pass zurück). Irgendwas musste mit dem Bild (oder Gesicht) von Tatanka nicht gestimmt haben, denn er wurde verhaftet. Oder lag es doch am Hitlergruß?! Egal, in Minsk angekommen wurden die 5 Stunden Aufenthalt gekonnt verbummelt. Dies gelang mit der Bestandsaufnahme der lokalen Toilettenszene (unterirdisch), dem Auffüllen der Biervorräte durch handliche 1,5-Liter-PET-Flaschen (später sollten uns noch 3-Liter-Galoschen vor die Leber laufen), dem Beschauen der weiblichen Minsk-Gemeinde (wesentlich ansehnlicher als die Toilettenszene!) und dem Entschlüsseln der kyrillischen Anzeigetafel, denn wir wollten ja unseren Anschlusszug nicht verpassen, und Minsk bietet zwar jede Menge hübsche, aber keinerlei englischsprachige Menschen. Aber mit Hilfe des Wörterbuchs gelang es auch diese Hürde zu meistern.



Beim Entern unseres Zuges stürzte Dorian so unglücklich, dass er die nächsten 3 Tage nur noch schneckenartig durch den Zug streifte. Aber sonst lief eigentlich alles rund, und die nun fast viertägige Fahrt nach Novosibirsk verlief höchst amüsant und problemfrei. Als Highlights seien hier folgende Punkte erwähnt: Dorian’s Geburtstagsfeier irgendwo zwischen Perm und Tjumen, das Aufeinandertreffen mit 5 jugendlichen Russen, die voll wie 7 ausgewachsene Russen und, nach eigenem Bekunden, Teil der „sowjetischen Hitlerjugend“ waren, Brunni’s Talent so gut wie jede Tütensuppe umzukippen und die Trinkgelage mit unseren Abteilnachbarn.




Novosibirsk kann getrost als Gelsenkirchen Sibiriens bewertet werden, nur wärmer. Kehr, da fährst Du nach Sibirien und landest in einem 34-Grad warmen Kessel, der dreckig ist und einfach nix Schönes zu bieten hat. Nach 3 Nächten dann doch per Tupolev nach Moskau, wo sich Wetter und Ästhetik erheblich besserten, und wir ein paar großartige Tage verbrachten. Auch hierzu kurz die Highlights: unser Künstler-Hotel direkt am Roten Platz, der Verlust von Dorian nach der ersten Party-Nacht (in einer 12-Millionen-Einwohner-Stadt kann man ruhig mal nachts allein die Randgebiete erkunden), der Ausflug mit dem Metrostationen-Fetischisten Alex (russischer Polizist, hatten wir im Zug kennengelernt), die Coca-Cola am Roten Platz (grotesk) und mit partywütigen Russen in Moskau zu Nena’s „99 Luftballons“ zu tanzen. Insgesamt einfach viel zu viele Eindrücke um sie hier auszukramen. Aber mein Appell an alle Spießbürger da draußen, die sich diesen Sommer mal wieder mit der Fragestellung beschäftigen, ob sie nun Club-Urlaub auf Malle, Bulgarien oder der Türkei machen (um dann doch nach St.-Peter-Ording zu fahren): macht sowas auch mal! Man sammelt so viele Erfahrungen und Eindrücke … und günstig saufen kann man auch.
Ach ja, die KORD-Party 2011 bot auch mal wieder allen üblichen Verdächtigen eine Bühne für die jährliche komplette Entmenschlichung, und viele ließen standesgemäß die Rampen-Sau raushängen. Gelungener Abend. Gefehlt haben eigentlich nur Oben-Ohne-Bedienungen…



Und die neue Saison? Sicher freue ich mich auf das was kommt, auf Europa, auf Shinji, Kevin, Mario, auf Klopp’s nächste legendäre Pressekonferenz… Aber was uns Borussen auch blühen wird sind zahlreiche „BVB fand ich schon immer geil“-Fans. Noch mehr Anjas & Tanjas werden vor uns in der Bierschlange stehen, sich dann wütend erneut anstellen weil sie einen „Stadiondeckel“ brauchen, dann enttäuscht feststellen, dass es keinen Dosenprosecco und auch keinen Wodka-Redbull gibt, und dann noch frustrierter realisieren, dass man auch Heimspiele verlieren kann, und es dabei im November erstaunlicherweise kühl zugeht. Fällt nach 15 Minuten noch immer kein Tor wird gepfiffen, und die Mannschaft wird sich vermutlich wundern, dass im Mai noch jeder sie vergötterte, aber nun die Messlatte des Anspruchsdenkens ganz woanders liegt. Aber so ist das eben… Lieber BVB, wenn Du in ein paar Jahren wieder bei Arminia Bielefeld ran musst, dann werde ich da sein. Aber vorher zeigen wir Europa nochmal wer die besten Fans im Land hat. Ach ja, liebe Fanabteilung: sollten wir in der Gruppenphase bei Rubin Kazan ran müssen, so helfe ich gerne bei der Aufplanung des Sonderzuges.

Bis heute Abend, Ihr Flitzpiepen! Ich freu mich auf Euch!

„Die Zeit bis zum Anpfiff verbringen wir ohnehin damit, endlich wieder im Stadion zu sein. Endlich wieder Borussia. Endlich wieder Fußball! Endlich wieder Gesänge, die für einen Abend die Welt bedeuten. Auf geht's Dortmund, kämpfen und siegen!“ (Steph, schwatzgelb.de)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen